Wieder zurück an die Arbeit
Der folgende Artikel wurde von der Kanzlei KERNER Rechtsanwälte, Fachkanzlei für Arbeitsrecht in Hannover, zur Verfügung gestellt.
Nach längerem Ausfall kannst du wieder an deinen Arbeitsplatz zurückkehren. Das ist prima, aber natürlich auch eine Herausforderung. Wir erklären dir, was rechtlich zu beachten ist:
Muss mein Arbeitgeber mich wieder arbeiten lassen?
Wenn du das möchtest und deine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausgelaufen ist oder dein Arzt dich „gesundschreibt“: Ja. Wenn dein Arbeitgeber nicht möchte, dass du weiterhin bei ihm arbeitest, muss er dir kündigen. Mehr zum Thema Kündigung und Krankheit findest du hier.
Ich kann zwar wieder arbeiten, aber nicht so viel – wie läuft das?
Es ist verständlich, dass du nicht gleich wieder so arbeiten kannst wie vor deiner Erkrankung. An deinem Arbeitsvertrag und damit auch der Anzahl deiner Arbeitsstunden hat sich zwar zwischenzeitlich nichts geändert, aber das Gesetz hilft dir hier:
Warst du sechs Wochen oder länger innerhalb von zwölf Monaten erkrankt, ist dein Arbeitgeber verpflichtet, dir ein betriebliches Eingliederungsmanagement, kurz BEM genannt, anzubieten (§ 167 Abs. 2 SGB IX). Hier findest du mehr Informationen zu dem BEM-Verfahren. Eine Möglichkeit, auf die man sich im BEM-Verfahren einigen kann ist die stufenweise Wiedereingliederung und häufig muss dein Arbeitgeber diesem Vorschlag sogar folgen. Mehr zu diesem Unterfall des Eingliederungsmanagements findest du hier [1].
Habe ich Anspruch auf meine gewohnten Tätigkeiten?
Jein. Da deine Tätigkeiten im Arbeitsvertrag mehr oder weniger genau festgelegt sind und deine Brustkrebserkrankung nicht mit deinen Arbeitsinhalten in Zusammenhang steht, bist du dem Grunde nach genauso zu beschäftigen wie vorher. Unter Umständen hat sich aber während deiner Abwesenheit manches verändert, zum Beispiel hat jemand deinen Arbeitsbereich übernommen, während ein anderes Arbeitsfeld neu zu bearbeiten ist. Dein Arbeitgeber kann durch sein Weisungsrecht im Rahmen des Arbeitsvertrags bzw. Tarifvertrags die Arbeitsinhalte festlegen und dir dabei auch einen neuen Arbeitsbereich zuweisen; genauso wie er es ohne deine Erkrankung gekonnt hätte. Er muss hierbei unter Umständen die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats beachten. Wo diese Grenzen verlaufen, kann man nicht pauschal sagen, sondern man muss jeden Einzelfall gesondert prüfen.
Möchte dich dein Arbeitgeber aufgrund einer verminderten Leistungsfähigkeit in einen Tätigkeitsbereich umsetzen, der nicht mehr den Festlegungen im Arbeitsvertrag entspricht (dich z.B. statt deiner bisherigen handwerklichen Tätigkeit ins Büro versetzen), wird er in der Regel versuchen, hierüber im BEM-Verfahren einen Konsens zu erzielen. Unter Umständen muss dein Arbeitgeber diese Möglichkeit aufgrund seiner Schutzpflichten sogar erwägen. Eine Versetzung gegen deinen Wunsch ist trotzdem nur mit einer Änderungskündigung möglich.
Habe ich ein Recht auf andere, „leidensgerechte“ Tätigkeiten?
Auch der umgekehrte Fall ist natürlich möglich: Dein Arbeitgeber möchte dich wie gewohnt einsetzen, du möchtest oder kannst diese Arbeit aber nicht mehr erledigen. Dein Arbeitgeber muss jetzt zunächst nach einer Tätigkeit schauen, die sowohl noch im Rahmen deines Arbeitsvertrags, für dich aber in gesundheitlicher Hinsicht besser geeignet ist. Ist das nicht möglich, muss dein Arbeitgeber im Rahmen des Zumutbaren auch nach anderen Arbeitsplätzen im Betrieb suchen und in Extremfällen sogar den Arbeitsplatz eines anderen Mitarbeiters für dich freimachen (wenn dieser wiederum auf einen anderen Arbeitsplatz umgesetzt werden kann; eine „Freikündigung“ des Arbeitsplatzes kannst du ebenso wenig verlangen wie eine Zuweisung höherwertiger Tätigkeiten). Hier kommt es aber ebenfalls immer auf Details an, die man nur für jeden Fall gesondert bewerten kann.
Was ist mit meinem Urlaub?
Den Urlaub, den du aufgrund deiner Erkrankung nicht nehmen konntest, wird in gewissen Grenzen „gesichert“. Warst du durch längere Krankheitsabwesenheiten gehindert, deinen Urlaub im abgelaufenen Kalenderjahr zu nehmen, wird er in das folgende Kalenderjahr übertragen und kann von dir noch in Anspruch genommen werden (Schultz-Hoff-Entscheidung des EuGH, Urteil vom 19.01.2009). Das gilt für einen Zeitraum von bis zu 15 Monaten nach Ablauf des Kalender- bzw. Urlaubsjahres (KHS gg. Schulte-Entscheidung des EuGH, Urteil vom 22.11.2011). Kalender- und Urlaubsjahr sind immer gleichlaufend, also vom 1. Januar bis zum 31. Dezember eines Jahres. (Erst) 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres verfällt also dein Urlaub. Näheres zu dem Thema findest du hier.