Polyneuropathie und Komplementärmedizin

Im Vorgespräch für die Chemo erläuterte mir meine Onkologin sämtliche Nebenwirkungen. Unter anderem auch eine mögliche Polyneuropathie (PNP): Taubheitsgefühle und Kribbeln in Fingern und Zehen. Sie riet mir von Anfang an und so viel wie möglich barfuß zu gehen und viel mit den Fingern zu machen (Handarbeit, Massage mit Zucker und Öl, Igelball). Tatsächlich hatte ich unter den ersten 4 EC von der PNP nichts bemerkt.

Kribbeln von Händen und Füßen

Mit der ersten von 12 Paclitaxel aber fing es langsam an. In der ersten Nacht kribbelten mir Hände und Füße. Das ging dann aber auch schnell wieder vorbei. Allerdings wurden die Beschwerden von Mal zu Mal deutlicher und stärker. Vor allem nachts. Durch nächtliche Schlaflosigkeit konnte ich mich dann natürlich beim stundenlangen wachliegen auch super auf das Kribbeln konzentrieren. Jeah! Das Kribbeln verlagerte sich von den Fingerspitzen und Zehen weiter in die Handflächen und Fußsohlen. Zusätzlich hatte ich plötzlich so ein Gefühl als müsste ich jeden Moment mit Armen oder Beinen zucken. Dann kamen die Nägel dazu: als hätte mir jemand mit dem Hammer auf die Fingernägel geklopft. Nachts lief eine Horde Ameisen auf meinen Zehen entlang. Die Fingerkuppen wurden taub. Als ich nach Runde 6 der Pacli-Gabe mit der richtigen Schwester meine Beschwerden besprach erhielt ich für alle weiteren Sitzungen Kühlhandschuhe und Kühlpantoffeln. Diese mussten, während die Chemo durchlief, ein- bis zweimal gewechselt werden. Es waren 35°C draußen und ich war froh etwas Kühles an Händen und Füßen zu haben! Anfangs war es ungewohnt, die Hände und Füße über zwei bis drei Stunden eiskalt zu haben.

Aber ich bemerkte, wie die Symptome durch die Kühlung direkt im Anschluss an die Chemo nachließen und sich im Laufe der weiteren Wochen nicht weiter verschlimmerten. Nachts habe ich mir oft kühle Waschlappen über die Füße gezogen. Das tat gut und linderte das akute Kribbeln und Zucken. Bei einigen Krebs-Buddys habe ich mitbekommen, dass sich die Nägel unter Pacli gelöst haben. Bei mir war das zum Glück nur bei einem Nagel marginal der Fall: Die Hälfte eines Fingernagels fühlte sich an, als wolle sie sich vom Nagelbett lösen. Hat es aber nicht geschafft!

Gelenkschmerzen als Begleiterscheinung

Eine andere unangenehme Begleiterscheinung – allerdings schon relativ früh unter der EC – waren Gelenkschmerzen. Ich fühlte mich wie eine Achtzigjährige. Knie-, Fuß- und Fingergelenke rosteten immer mehr ein. Auch diese Nebenwirkung hatte man mir anfangs mitgeteilt, die durch die Hormonumstellung und das Einsetzen der Wechseljahre bedingt ist. Morgens kam ich kaum aus dem Bett und wenn ich die Treppe zur Küche runter ging, um den Kindern ihr Frühstück zu richten, musste ich mich mit beiden Händen am Geländer festhalten und einen Fuß immer nachsetzen.Am Ta

g meiner vorletzten Pacli-Infusion hatte ich mein Abschlussgespräch bei der Onkologin. Als ich ihr von meinen Beschwerden berichtete, hat sie mir Akkupunktur empfohlen. Eine der medizinischen Fachangestellten, die gleichzeitig auch Heilpraktikerin ist und Akkupunktur macht, hat mich dann sofort nach der Chemo genadelt und auch am letzten Chemotag nochmal. Und was soll ich sagen? Die Akkupunktur hat sofortige Wirkung gezeigt und Erleichterung gebracht: Die Knie- und Fußgelenke haben deutlich weniger geschmerzt, in den Fingergelenken war fast gar nichts mehr zu spüren. Das Kribbeln und die Taubheit haben nachgelassen. Es war so eine Erleichterung! Zusätzlich habe ich von ihr einen Tee erhalten, der bei Wechseljahresbeschwerden hilft, ohne den Hormonhaushalt zu beeinflussen (was ja dann wieder kontraproduktiv bei einem hormonabhängigen Tumor wäre).

Ich kann die Akkupunktur bei Beschwerden unter der Chemo deshalb nur wärmstens empfehlen. Leider ist es keine Kassenleistung.

Die PNP hielt in abgeschwächter Form noch lange nach der Chemo an. Das Taubheitsgefühl in den Fingerkuppen ist letztendlich erst nach einem knappen Jahr ganz verschwunden.