Katja, 40 Jahre

Ich bin Katja, 40 Jahre alt. Ich habe zwei Kinder und einen Mann.

Bei mir war das alles ganz schön durcheinander. Ich habe Anfang des Jahres einen Knoten in der Brust gefühlt. Ich taste sie immer nach der Regelblutung ab. Dieses Mal war etwas anders. Ich hatte das schon mal und bin da auch gleich beim Arzt gewesen. Auch hier habe ich meinen Gynäkologen gleich angerufen. Er selber ist nicht da, Vertretung hat in 2 Wochen Termin erst frei. Diesen bestätigte ich auch. Daraufhin habe ich den Frauenarzt bei mir um die Ecke angerufen. Da hieß es, ich solle nachmittags um 15 Uhr vorbei kommen.

Also bin ich früher von der Arbeit los und zum ihm gefahren. Wir haben getastet, Ultraschall gemacht und er meinte: „Naja, das ist ein reaktiver Lymphknoten. Das kann schon mal vorkommen. Aber er ist auch noch nicht so wahnsinnig groß… Wir behalten das im Auge und schauen uns den in drei bis vier Wochen noch einmal an.“ Ich hatte ja eh den anderen Termin. Das sagte ich ihm auch.

Zwei Wochen später war ich dann in der Praxis meines Arztes, aber mit der Vertretung. Diese machte auch Tastuntersuchung und Ultraschall. Ihre Diagnose: ein Fibroadenom. Also eine Art Fettgeschwulst. Ich solle keine schlaflosen Nächte haben. So Ihre Worte. Wir würden zur Sicherheit eine Stanzbiopsie machen. Aber wirklich nur zur Sicherheit. Alles klar abgrenzbar. Kein Lymphknoten… Swoeit so gut.

8 Tage später hatte ich meinen regulären Gyn-Termin. Endlich mein Frauenarzt. Dem ich vertraue.

Er schaute sich auch alles an, auch er tastete, auch er untersuchte mit Ultraschall. Und er meinte: „Schön, dass alle den Lymphknoten erkennen (oder auch nicht), aber warum er angeschlagen hat, nämlich die Stelle daneben – die hat keiner gesehen.“ Er war erschüttert, dass die Kollegen nicht genau genug geschaut haben, obwohl alle ca. 15 Minuten Ultraschall-Untersuchung vornahmen. Naja, Änderung der Angaben für die Stanzbiopsie. Er meinte, es kann alles sein. Entzündung, Krebs. Alles. Aber wir sind ja jetzt dran. Ich vertraue ihm, weil wir über alles reden können.

Stanzbiopsie. Nicht weiter tragisch. Man hat ja auch schon zwei Kinder auf die Welt gebracht. Auch dieser Arzt war sehr nett und aufmerksam. Aber bis dahin keine Informationen.

Zwei Tage später hatte ich mit den Sprechstundenhilfen abgemacht, dass ich nach der Sprechstunde rein käme. Ich wollte kein Telefonat. Ich wollte das Gespräch. Dann kam die Diagnose. Mammakarzinom mit Lymphknotenbeteiligung. Wir haben über eine Stunde gesprochen. Ich habe geweint. Er wollte sich um ein Krankenhaus mit Brustzentrum kümmern.

Einen Satz gab er mir mit auf den Weg, den ich so auch nur eingeschränkt empfehlen kann.

Google nicht deine Krankheit.

Habe ich bis heute auch nicht getan. Ich bin ihm sehr dankbar dafür.

Als erstes habe ich mich ins Auto gesetzt, meinen Mann angerufen und eine Gruppe mit den engsten Leuten eingerichtet, damit ich verkünden konnte. Ich habe Brustkrebs. Dann habe ich noch eine Stunde im Auto geweint. Zu Hause angekommen habe ich noch am selben Tag das Gespräch zu meinen Kindern gesucht. Die beiden sind 8 und 4. Ich habe ihnen erklärt, dass ich krank bin. Das erstmal viele Untersuchungen folgen. Das es mir manchmal nicht so gut gehen wird. Und das ich sie liebe.

Freitag war die Diagnose. Montag habe ich den Anruf vom Gyn bekommen, dass ich Donnerstag ins Krankenhaus kann. Da würde man alles weitere mit mir besprechen. Im Krankenhaus klärte man mich über die Art meines Tumors auf, dass ich zuerst Chemo bekommen würde. Dass das Drüsengewebe auch auf der anderen Brust sehr verdichtet ist… Sie haben sich die Brust angeschaut, viele Zysten zusätzlich festgestellt und den ersten Schlachtplan entwickelt. Die Ärztinnen waren sehr nett und naja. Ich war erschlagen. Ich wollte, dass es los geht. Weg mit dem Krebs.

Meine Freundin Bea hat auch Brustkrebs.

Ich finde Krebs richtig blöd. Gelinde ausgedrückt.

Ich kannte also einiges, vieles aber auch nicht. Bea unterstützte und unterstützt mich, neben vielen anderen natürlich auch. Vielen Dank Euch allen. Zu diesem Zeitpunkt habe ich auch diese Domain bestellt und zum ersten Mal etwas eingerichtet. Alles, was ich rausfinde, wollte ich teilen. Erschlagen von vielen Begriffen, eingedeckt mit unendlich vielen Heften und Infoblättern, die ich bis heute fast gar nicht angerührt habe.

Ich habe gar nicht so viel geweint. Im Trubel der Familie war es dann einfach so. Ja, das „Ich muss dir sagen, ich habe Brustkrebs.“ ging nicht immer tränenfrei, aber ansonsten habe ich nicht unterm Tisch gesessen und geweint. Jeder konnte mich immer und alles fragen und ich habe versucht, in der ersten Woche alle, die es wissen müssen, zu informieren. Einmal reinen Tisch und dann muss man nicht immer wieder davon anfangen. Damit ging es mir gut und ich freue mich im Nachhinein, dass ich es so gemacht habe.

Dann kamen die Untersuchungen und das sich kümmern. Ich habe eine top gestaltete Infomappe zu meinen Ergebnissen, Terminen, Ärzten und zu mir. Untersuchungen, die zeigen sollten, ob sonst noch Befall ist. Ich habe dann, weil mir alles nicht schnell genug ging, selber den Onkologen-Termin nach vorn geschoben (ich habe dort angerufen und gesagt, dass wenn ich keinen früheren Termin bekomme, ich ab sofort jeden Tag von morgens bis abends bei Ihnen auf der Matte stehe) und meinen Port-Termin in Absprache mit dem Krankenhaus nach vorn gerückt.

Die Port-OP war für mich reine Katastrophe. Aber ich will hier keine Angst machen. Meine Assistenzärztin kannte sich vielleicht noch nicht ganz so aus. Prinzipiell bin ich ja auch immer dafür, junge Ärzte auch ran zu lassen. Aber das war halt nicht so der schönste Tag. Lassen wir es mal so stehen. Danach habe ich auch, obwohl ich weder Alkohol noch Drogen noch sonstige Medikamente nehme – selbst Schmerztabletten hatte ich das letzte Mal vor vier Jahren nach der Geburt meines zweiten Sohnes, ein Opiat bekommen, was mich ausgenkockt hat. Ein wundervoller Start in die Therapie. Aber naja. Wie gesagt, ich sitze nicht unter dem Tisch, sondern nehme das Leben an.

Mein Port schmerzte und drückte, sonst ging es mir aber gut. Ich genoss die „freien“ Tage und versuchte noch ein wenig vorzuorganisieren.

Das Gespräch mit meiner Onkologin war auch sehr gut. Sie wurde mir auch wärmstens empfohlen. Mir wurde gesagt, dass sie zu mir passt. 😉 Sie erklärte mir alles, ging mit mir die Therapiepläne für die nächsten Monate durch und sagte, dass die Therapie eine Woche später anfangen würde. Also knapp einen Monat nach der Diagnose.

Ich hatte schon Respekt vor der Chemotherapie.
Da ich gar nicht wußte, was auf mich zukommt.

Für den ersten Chemotermin rückte ich dann voll bepackt an, Essen, Trinken, Unterhaltungssachen und so weiter. Ich habe schöne Musik gehört, habe mir die Sonne ins Gesicht scheinen und die Chemie in mich reinfliessen lassen. Der Laptop war an meiner Seite und ich war glücklich, dass Celeste, diesen Namen habe ich meinem Krebs gegeben, nun weichen muss.

Von der Chemo selber habe ich an dem Tag gar nichts gemerkt. Alles war gut, meine Onkologin und ich haben noch Ultraschall gemacht und dann durfte ich nach 6,5 Stunden heim. Langer Tag. Wenn man vom Workoholic-Sein in eine Krebserkrankung rutscht, ändert sich eigentlich nicht viel. Nur die Themen werden anders.

Mir ging es gut. Ich bin Fahrrad gefahren, war noch kurz in der Stadt, wir waren unseren Wocheneinkauf machen und so. Alles gut.

Mein großes Thema Mundschleimhaut zeigte sich nach zwei Tagen. Pappmaul, Geschmack ging zurück. Ansonsten eigentlich nicht viel. Ich bekam die nächsten Tage entzündliche Stellen im Mund. Verschiedene Sachen durchgetestet. Man muss das finden, was einen glücklich macht. In jeder Hinsicht. Redet mit den Leuten, mit den Ärzten und sie helfen euch.

Ich hatte noch einen Infekt (Streptokokken) und lag zwischenzeitlich mit äußerst niedrigen Blutwerten im Krankenhaus. Ansonsten bin ich durch die erste Einheit relativ gut durchgekommen.

Jetzt habe ich vor einer Woche die zweite Einheit gehabt. Auch wieder Mundschleimhaut, aber durch die Präperate, die ich gefunden habe, geht es mir besser. Keine offenen Stellen. Jippieh. Ich reagiere wohl sehr extrem auf alles, so dass eine präventive Spritze, die die Leukozytenzahl anregen sollte, mich noch einmal zwei Tage aus dem Verkehr gezogen hat. Man weiß ja irgendwann gar nicht, was von welchem Medikament kommt und wo man Sachen hinstecken soll. Ich stehe mit meiner Onkolgin in sehr gutem Kontakt, wir schreiben uns per Whatsapp oder sie ist auch immer erreichbar. Das ist eine große Erleichterung.

Ansonsten habe ich jetzt noch einige Chemoeinheiten vor mir. Plus OP.
Aber ich werde hier weiter meine Geschichte reinschreiben.

 

Ich wünsche Euch, dass es Euch gut geht und Ihr Eurem Krebs, wie auch immer der heißen mag, auch gehörig Contra gebt.

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