Angst als ständiger Begleiter

Seit der Krebsdiagnose ist Angst mein ständiger Begleiter. Im Grunde schon vor der Diagnose, als ich diese schlimme Vorahnung hatte. Wie eine kalte Hand, die sich Dir in die Schulter gräbt. Immer hinter Dir steht. Jede Deiner Bewegungen beobachtet. Auf die kleinste Schwachstelle lauert um noch stärker zuzupacken.

Anfangs war sie unglaublich groß, die Angst. Ich hatte Angst davor zu sterben. Angst, dass der Krebs mich besiegt, statt ich ihn. Angst, dass sich Metastasen durch meine Knochen fressen. Angst vor Schmerzen. Angst eine von den 10% zu sein, die den Brustkrebs nicht überleben. Angst, meine Kinder nicht aufwachsen sehen zu können. Angst selbst vergessen zu werden. Und Angst vor der Angst selbst. Ich wusste, dass wenn ich mich der Angst hingebe, wenn sie mich ganz in ihrem Griff hätte, dann würde ich nicht mehr davonkommen. Sie würde mich auffressen.

So stand ich während der Therapie oft ziemlich nah an einem tiefen Abgrund und habe mich vehement geweigert, hinein zu gucken. Aus Selbstschutz. Habe sie ganz naiv aber bewusst unter einen Optimismus-Gute-Laune-Teppich gekehrt und gefangen gehalten.

Meine Psychoonkologin sagte, ich solle die Angst zulassen, nicht wegsehen oder unterdrücken.

Da sonst der Druck zu groß wird und falls sie doch irgendwann freigelassen wird, das Loch schon zu tief geworden ist unterm Teppich. Und so versuche ich sie zu akzeptieren. Das gelingt mal mehr und mal weniger.

Der Teppich deckt auch heute noch das dunkle Loch zu. Es nimmt nicht mehr so viel Raum ein. Ab und an lugt sie aber raus, die Angst. Zwickt mich in den Zeh vor einer Nachsorgeuntersuchung, oder klopft mir wieder auf die Schulter, wenn ich die Brüste abtaste und mir nicht sicher bin, ob die knotigen Stellen nur Narbengewebe sind. Und ich frage mich: Geht das auch irgendwann mal vorbei?

Bildhinweis: Photo by Dan Asaki on Unsplash